Der „Spiegel“-Chefredakteur und einstige Wirtschaftsjournalist kennt Stalking aus eigener Erfahrung und kann Kollegen Tipps geben.
„Wir müssen schneller unfreundlich werden“, rät Dirk Kurbjuweit im Interview des „
Medium Magazin“. Sarah Neu und Jeanne Wellnitz haben mit 63-Jährigen gesprochen. Ein Auszug:
„Spiegel“-Chefredakteur Dirk Kurbjuweit wurde in seinem Leben schon oft nachgestellt: vom eigenen Nachbarn und von Frauen, die aus seinen Texten romantische Botschaften herauslasen. Wie geht er damit um?
Herr Kurbjuweit, im Jahr 2003 hatten Sie gerade die Beförderung zum stellvertretenden Ressortleiter im Hauptstadtbüro des „Spiegel“ in der Tasche und kauften eine Wohnung in Berlin. Das klingt nach Erfolg, dennoch begann ein dunkles Kapitel in Ihrem Leben. Was war geschehen?Dirk Kurbjuweit: Wir lebten als Familie mit zwei kleinen Kindern in einem Vierfamilienhaus in Berlin. Im Souterrain wohnte ein Mann. Er wirkte einsam auf uns, war zunächst sehr freundlich, hat Kuchen oder Pizza für uns gebacken, war nett zu den Kindern. Zuerst dachten wir, das wird eine normale, gute Nachbarschaft.
Wann haben Sie gemerkt, dass dem nicht so war? Es kippte, als ich einmal nicht zu Hause war und er versuchte, nachts in unsere Wohnung einzubrechen. Er wusste, dass meine damalige Frau mit unseren Kindern allein war. Er rüttelte an der Tür zum Wintergarten, aber die hielt zum Glück stand. Ab diesem Moment war klar: Wir haben ein massives Problem. Sein Verhalten änderte sich drastisch von freundlich-aufdringlich zu aggressiv. Im Haus erzählte er herum, wir würden unsere Kinder misshandeln. Er fokussierte sich auf meine damalige Frau, lauerte ihr auf, wenn sie nach Hause kam, sprach sie an. Vor der Tür, im Garten, im Keller. Er war nicht körperlich übergriffig, aber verbal. Sagte Dinge, die ich nicht wiederholen möchte. Es waren sexuelle Anspielungen, Drohungen, Gesten. Einmal sah er sie an und fuhr sich mit der Hand über den Hals wie mit einem Messer.
Haben Sie die Polizei kontaktiert? Ja, sofort nach dem Einbruchsversuch. Zusätzlich schalteten wir eine Anwältin ein, wandten uns an eine Kriminalpsychologin. Doch schnell wurde uns klar, dass wir nahezu ohne Hilfe dastanden. Die Polizei sagte, solange er nicht körperlich gewalttätig werde, könnten sie nichts machen. Er wusste das natürlich, er war schlau. Die Kriminalpsychologin sagte: Wenn er sie nicht von sich aus um Hilfe bitte, könnte sie nicht eingreifen.
(…)
Ihr Nachbar war allerdings nicht Ihr einziger Stalker. Ja, als Journalist habe ich einige Erfahrungen mit Stalkerinnen gemacht. Drei Frauen schrieben mir damals – ungefähr zur gleichen Zeit Anfang der 2000er – regelmäßig Briefe, riefen ständig an, manchmal mehrmals am Tag. Eine von ihnen versuchte, in mein Büro beim Spiegel zu gelangen, man wies sie an der Tür ab. In meinen Texten – damals schrieb ich viele Reportagen – lasen sie vermeintlich an sich gerichtete Botschaften. Viele Journalisten, Autorinnen und Schriftsteller kennen das. Für mich persönlich war das zwar lästig, auch belastend, aber nicht im gleichen Ausmaß bedrohlich wie die Situation mit dem Nachbarn. (...)
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