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News / Christian Schütte warnt vor Schulden
Christian Schütte (Foto: privat)
22.08.2025   Aktuelles
Christian Schütte warnt vor Schulden
Der Finanzjournalist bei „Manager Magazin“ wundert sich: Anders als während der Finanz- und Eurokrise 2008 bis 2010 scheint die aktuelle Staatsverschuldung kaum jemanden zu stören.
„Die Uhr tickt lauter denn je“ schreibt Marcus Schuster über seinen Bericht in der Printausgabe von „Wirtschaftsjournalist:in“: "Vor 30 Jahren hat der Bund der Steuerzahler die „Schuldenuhr“ in Berlin-Mitte installiert, ein unrühmliches Jubiläum. Damals stand sie bei umgerechnet 1.000 Milliarden Euro – mittlerweile zeigt sie, dass Bund, Länder und Kommunen mit dem 2,5-fachen in der Kreide stehen: mit rund 2,5 Billionen Euro. Doch machen diese roten Ziffern, die sich jeden Tag weiter in die Höhe schrauben, noch jemandem Angst? Fragen an Christian Schütte, Finanzjournalist beim „manager magazin“. Sein Buch „Die Schuldenbombe“ erscheint im FinanzBuch Verlag. Ein Auszug aus dem Interview:

Die Schuldenuhr zeigt es an – und auch im Bundestag wird mit immer größeren Summen hantiert. Welche Bedeutung hat das noch für das öffentliche Bewusstsein? 
Christian Schütte: Man hat kaum eine Chance, so große Zahlen einzuordnen. Nicht nur deshalb ist mein Eindruck: Schulden machen der deutschen Öffentlichkeit im Moment eher wenig, zu wenig Angst. Wir müssten uns daran erinnern, dass wir vor fünfzehn Jahren noch in einer ganz anderen Lage waren: Da wurde in einem parteiübergreifenden Konsens die Schuldenbremse beschlossen, weil die Politik das Gefühl hatte, dass uns die Zinslast aus den Schulden sonst über kurz oder lang erdrücken würde. Tatsächlich geschah dann aber das Gegenteil. In den 2010ern wurden die Zinsen immer niedriger, bis sie auf null und aus den Haushalten praktisch verschwunden waren. Dadurch verbreitete sich der Eindruck, dass Schulden nichts kosten. Den wenigsten ist klar, dass das nach der Zinswende nicht mehr gilt.

Der Bund der Steuerzahler attestiert der neuen Bundesregierung neue Schuldenrekorde „ohne Tilgungsambitionen“. Sehen Sie das auch so – dass man eigentlich gar nicht vorhat, das zurückzuzahlen? 
Man muss unterscheiden: Es gibt zum einen die rechtlichen Verpflichtungen aus dem Grundgesetz, dass etwa ein Sondervermögen durchaus getilgt werden muss. Rein ökonomisch betrachtet muss ein Staat seine Schulden aber nicht unbedingt tilgen. Er hat keine begrenzte Lebenszeit, die Schulden werden einfach von Generation zu Generation weitergegeben. Die entscheidende Frage ist: Wie verhält sich der Schuldenberg zu den wirtschaftlichen Möglichkeiten eines Landes? Wenn Schulden relativ zu den Einkommen stabil bleiben – oder vielleicht sogar sinken, weil die Einkommen schneller wachsen –, ist das kein Problem. Leider stagniert die deutsche Wirtschaft aber seit Jahren. Wir brauchen eine Priorität für Wachstumspolitik. Wachstum ist nicht nice to have, sondern für die Bedienung der Kredite unverzichtbar.

Genau das versucht die Bundesregierung: Durch Investitionen in die Infrastruktur Wachstum zu erzeugen. 
Das ist das Versprechen. Aber wird es eingelöst? Aus meiner Sicht sind erhebliche Fragezeichen angebracht. Kurzfristig erzeugt jedes Deficit Spending natürlich Nachfrage. Langfristig sind die geplanten Ausgaben für Rüstung aber nicht wachstumsförderlich. Infrastruktur oder Bildung werfen ökonomische Erträge ab – eine Halle voller Panzer nicht.

In Ihrem Buch betrachten Sie Schulden auch aus der internationalen Perspektive. Worin unterscheidet sich Deutschland von anderen Ländern?
Die Verschuldung fast aller großen Industrieländer ist am Limit. Deutschland hat aufgrund der sparsamen Politik der 2010er-Jahre noch Kreditspielraum. Der wird gerade ausgeschöpft. Wo wir landen werden, wenn die neue Politik nicht funktioniert, können wir an Ländern wie Italien sehen.

Wer müsste jetzt das Wort ergreifen? Bislang wird über Schulden wenig geschrieben und gesprochen. Warum ist das Thema eher unpopulär?
Wir haben es, wie gesagt, aus den Augen verloren. Nach der Finanz- und der Eurokrise ab 2008 spielten Staatsschulden eine enorme Rolle. Viele Menschen hatten damals große Angst vor Inflation und haben auf den Schuldencrash gewartet – doch der kam nicht. Die Politik bekam die Kuh vom Eis, und die Warner standen blamiert da. Statt Inflation gab es eher Deflation, kein großer Staat ist bankrott gegangen. Aber was wir in den 2010er-Jahren über Schulden gelernt haben, gilt nicht mehr. 
(...)"


Das vollständige Interview lesen Sie hier.
 
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