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News / Reaktion auf Larissa Holzkis These
Larissa Holzki (Foto: Max Brunnert)
19.08.2025   Aktuelles
Reaktion auf Larissa Holzkis These
Die "Handelsblatt"-KI-Chefin Larissa Holzki hatte Pressemitteilungen als nutzlos dargestellt. Nun gibt es Widerspruch.
Nachdem "Wirtschaftsjournalist:in" die Debatte aufgegriffen hatte, meldet sich Twenty-Eight-Chef Lukas von Zittwitz auf kress.de mit einem Kommentar zu Wort. Seine Begründung hat mit dem Thema KI zu tun:

"Das größte Missverständnis von Pressemitteilungen ist, dass sie für die Presse sind, schreibt Larissa Holzki, Leiterin des KI-Teams beim Handelsblatt auf LinkedIn. Der Versand der Pressemitteilungen sei nur ein Alibi. Holzki reagiert damit auf einen Beitrag des ehemaligen t3n-Chefredakteurs Stephan Dörner, der jetzt Geschäftsführer der Tech-Agentur fph ist. Dörner hatte folgende "These" via LinkedIn verbreitet: "Das Verhältnis zwischen Aufwand der Erstellung einer Pressemitteilung und Aufwand der Distribution beträgt in der Regel ca. 90 zu 10, sollte aber näher an 50/50 sein."

Larissa Holzki betont, dass sie Pressemitteilungen nutzt, um zu schauen, ob sie die Namen richtig geschrieben habe. "That’s it." Aus ihrer Sicht sprechen "etliche Unternehmen" erst kurz vor einer News mit Journalisten, weil es zuvor ein Riesen-Hickhack um die Abstimmung von (am Ende meist unverwendbaren) Zitaten gebe. "Und dann schauen wir uns das am Ende gar nicht an", so Holzki, die Leser wöchentlich mit dem "Handelsblatt KI-Briefing" informiert. Zuvor hat sie für das Handelsblatt vier Jahre als Unternehmensreporterin über technologische Innovationen und insbesondere die europäische Start-up-Szene berichtet und ist Absolventin der Kölner Journalistenschule.

Holzki begründet auf LinkedIn ihre Zurückhaltung in Bezug auf Pressemitteilungen so: "Die meisten News sind schon keine News mehr, wenn es eine PM gibt. Und wenn ich als Journalistin schon den Nachrichtenkern nicht selbst recherchiert habe, werde ich mir bestimmt nicht die Einordnung abnehmen lassen." In Richtung von Unternehmen und PR-Agenturen stellt sie klar: "Das, was in Ihrer PM steht, ist also ganz bestimmt nicht das, was wir in unsere Artikel schreiben."

Holzki spitzt ihren Beitrag noch weiter zu: "Die Pressemitteilung ist dazu da, damit die Kommunikationsabteilung intern sagen kann: Das ist das, was wir an die Presse gegeben haben. Warum im Handelsblatt keins der [verschachtelten] Zitate auftaucht und von unseren [sieben unbekannten] neuen Investoren nur drei in einer ganz anderen Reihenfolge genannt sind, wissen wir auch nicht."
PR-Agentur-Chef: "Gerade im KI-Zeitalter gewinnt die PM an neuer Bedeutung."

Lukas von Zittwitz, Lenker der Berliner PR-Agentur Twenty-Eight, hält in einem Kommentar für kress.de dagegen: Eine solche Perspektive sei aus der Sicht einer Top-Journalistin, die täglich unzählige Pitches erhalte, verständlich. Für die gesamte Medien- und Kommunikationslandschaft greife sie jedoch zu kurz. Die Pressemitteilung sei kein Relikt, sondern ein strategisches Instrument, dessen Relevanz sich im digitalen Zeitalter sogar noch verstärke.

Von Zittwitz bringt ChatGPT und Co. ins Spiel: "Gerade im Zeitalter der KI, für das Frau Holzki ja Expertin ist, gewinnt die PM an neuer Bedeutung. Künstliche Intelligenz, die längst Texte und Zusammenfassungen erstellt, bezieht ihr Wissen eben nicht nur aus redaktionellen Artikeln. Sie scannt auch die Newsrooms von Unternehmen und die großen Presseportale auf der Suche nach exklusiven Formulierungen." Eine akurat formulierte, faktenbasierte Pressemitteilung sei somit nicht mehr nur eine Nachricht an einen Journalisten, sondern auch direktes Futter für die Wissensdatenbanken von ChatGPT, Gemini, Perplexity und Co. "Wer heute eine saubere PM veröffentlicht, prägt die Faktenlage, auf die sich KI-Systeme künftig beziehen werden", meint der Agenturchef. 

In seinem Plädoyer bezeichnet Lukas von Zittwitz die Pressemitteilung als finalen, offiziellen Baustein nach einer Reihe von Hintergrundgesprächen und Exklusiv-Briefings. Sie schaffe einen verlässlichen, zitierfähigen Ankerpunkt, auf den sich alle Beteiligten committen. Bei Breaking News oder der Veröffentlichung von brisanten Studienergebnissen hingegen sei sie das schnellste und effizienteste Vehikel, um eine offizielle Einordnung gezielt und breit zu streuen. Bei breit angelegten Marktstudien fasse sie die Untersuchungsergebnisse übersichtlich für alle Interessierten zusammen. 

Für den Kommunikationsprofi ist die PM nicht zuletzt eine Frage von Kapazitäten – auf beiden Seiten: "Nicht jede Fach- oder Lokalredaktion hat die Ressourcen für tiefe, eigenständige Recherchen zu jedem Thema." Eine faktisch saubere und gut aufbereitete PM sei hier ein willkommenes Angebot und eine Arbeitserleichterung, die eine Berichterstattung oft erst ermögliche. Gleichzeitig könne kein CEO oder Unternehmenssprecher jedem interessierten Medium ein Einzelinterview geben. "Die PM demokratisiert den Zugang zu Informationen und sorgt für eine breite Streuung von Nachrichten über die Leitmedien hinaus", unterstreicht von Zittwitz. 

Sein Fazit: "Die Pressemitteilung nur zur Namenskontrolle zu nutzen, ignoriert ihre wahre Rolle im digitalen Ökosystem. Sie ist ein zentrales Werkzeug zur Gestaltung von Narrativen, eine essenzielle Informationsquelle für Mensch und Maschine und ein unverzichtbarer Service für eine vielfältige Medienlandschaft. Sie für tot zu erklären, ist nicht nur verfrüht – es ist falsch."


Eine Abstimmung zu dem Thema finden Sie auf kress.de

 
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