Der Schweizer Finanzjournalist Lukas Hässig, Betreiber des Finanzportals „Inside Paradeplatz“, ist ins Visier der Schweizer Behörden geraten. Durch den Fall ist in der Schweiz erneut eine Diskussion über das umstrittene Bankengesetz entbrannt.
Lukas Hässig bestätigte, dass vor zwei Wochen eine Razzia in seiner Redaktion in Zürich durchgeführt wurde. „Der zuständige Staatsanwalt und ein halbes Dutzend Polizisten filzten den Platz und danach das Privatdomizil des Journalisten“, schreibt Hässig. Sie nahmen demnach Laptop und Handy sowie mehrere Dokumente mit.
Größte Aufdecker-Story seit Jahrzehnten
Hintergrund der Aktion ist eine der größten Aufdecker-Stories in der Schweizer Finanzszene der vergangenen Jahrzehnte. „Inside Paradeplatz“ schrieb 2016 erstmals über unsaubere Insidergeschäfte bei der Raiffeisen-Gruppe, schweizweit unter „Der Fall Vincenz“ bekannt. Die Berichte führten zu juristischen Ermittlungen, die 2022 zur erstinstanzlichen Verurteilung der Verantwortlichen und zu mehrjährigen Gefängnisstrafen führten (die Urteile sind nach wie vor nicht rechtskräftig).
Nun geriet aber der Aufdecker selbst ins Visier der Justiz. Basis für die Ermittlungen ist das umstrittene und international einzigartige Bankengesetz in der Schweiz. Seit 2015 ist es in dieser Form in Kraft; seit damals kann auch gegen Journalisten ermittelt werden, die bankinterne Dokumente in ihrer Berichterstattung verwenden.
Nun diskutiert die Schweiz wieder über grundlegende Fragen zur Pressefreiheit, über Quellenschutz und über das Spannungsverhältnis zwischen Strafverfolgung und journalistischer Arbeit. Auch international hatte das Schweizer Bankengesetz schon zu massiver Kritik geführt. Selbst die UNO-Sonderberichterstatterin Irene Khan beanstandete in einem Brief an Außenminister Ignazio Cassis die Schweiz für diese Verletzung der Pressefreiheit. Die Organisation „Reporter ohne Grenzen Schweiz“ warnt vor dem „Chilling Effect“, also der abschreckenden Wirkung des Gesetzes, der bis zur Selbstzensur führen kann.
Internationale Journalisten meiden Zürich
Zudem getrauen sich aufgrund dieses Gesetzes inzwischen sogar einige ausländische Medienschaffende nicht mehr, in die Schweiz einzureisen. Dazu zählen auch die Reporter Frederik Obermaier und Bastian Obermayer, die wegen ihrer Recherchen rund um die Projekte „Panama Papers“ und „Suisse Secrets“ seit Jahren auf Reisen nach Zürich verzichten.
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