Über Geld spricht man – bei der “Wirtschaftswoche” schon seit 1926. Seit anderthalb Jahren steht Horst von Buttlar an der Spitze des Magazins. Im Interview mit "turi2"-Chefredakteur Markus Trantow spricht er über die Branche.
Ein Auszug:
"Wir sprechen im Rahmen der Themenwoche Finanz-Kommunikation. Da fallen mir zuerst die Werbung und die PR von Banken, Versicherungen und Finanzberatern ein. Aber auch die Presse ist Teil der Finanzkommunikation. Wie definierst du für dich und deine Redaktion diese Rolle? Horst von Buttlar: Die “Wirtschaftswoche” berichtet nicht jede Quartals- oder Halbjahreszahl, das ist nicht unser Fokus. Wir schauen immer, was passt zu unserer Marke und zu den Bedürfnissen unserer Leserinnen und Leser. Und das ist oft die Perspektive der Anleger – und die von Unternehmern. Wir müssen nicht berichten, sondern einordnen. Wir fragen eher, wie sich Zahlen auf bestimmte Branchen und Trends auswirken, sei es die Autobranche oder der Maschinenbau. Was mir dabei auffällt, ist, dass das PR-Gewäsch und das Geschwurbel in der Kommunikation leider zunehmen. Krisen und Verluste werden immer häufiger in unverständliche Formulierungen verpackt. Neulich sprach ein Autobauer von einer “Anpassung der Jahresprognose” – früher hätte man das schlicht eine “Gewinnwarnung” genannt. Unsere Kunst besteht darin, solche Euphemismen zu entlarven und die Nachricht in eine klare, verständliche Sprache zu übersetzen.
Im Zuge des Wirecard-Skandals gab es viel Kritik an der deutschen Wirtschaftspresse. Man wirft ihr vor, zu spät reagiert und sich von der PR des Konzerns einlullen lassen zu haben. Hat die Wirtschaftspresse Fehler gemacht? Die Aufdeckung des Skandals war zweifellos das große Verdienst der “Financial Times”. Aber die “Wirtschaftswoche” – zu der Zeit war ich noch nicht dabei – hat mit dem Team um Melanie Bergermann eine Vorreiterrolle eingenommen. Sie haben vorbildliche Arbeit geleistet. Natürlich stellt man sich bei solchen Skandalen immer die Frage, ob man sich hat täuschen lassen. Man war an manchen Stellen nicht kritisch und hartnäckig genug – aber das betraf nicht nur die Medien, sondern auch die Politik. Einige wollten unbedingt das erfolgreiche Technologieunternehmen, das nächste SAP, sehen. Wir dürfen aber nicht vergessen: Es wurden auch Heerscharen von Wirtschaftsprüfern, Anwälten und Bankern von Wirecard betrogen. Das Interesse an Wirecard nimmt allerdings stark ab. Wichtiger ist jetzt, dass wir das nächste “Wirecard” frühzeitig erkennen.
Was hat die Wirtschaftspresse konkret aus dem Wirecard-Skandal gelernt?
Das wird sich zeigen, wenn wir das nächste “Wirecard” entdecken. Ich kann für die “Wirtschaftswoche” sagen, dass unser Investigativteam regelmäßig über den Graumarkt, Skandale oder Betrugsmaschen berichtet. Trotzdem sehe ich keine wirkliche Verbesserung auf der Anlegerseite. Viele fallen immer wieder auf dieselben Muster herein. Das ist ein Phänomen, das sich durch die vergangenen 200 Jahre Finanzgeschichte zieht: Schneeballsysteme, Betrug, Hochstapelei. Es wiederholt sich. Wir können nur hoffen, dass wir solche Fälle früh genug aufdecken und darüber berichten.
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