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Christoph Schäfer (Foto: Brunswick)
16.05.2024   Aktuelles
Christoph Schäfer warnt vor unwissenden Journalisten
Der Kommunikationsberater bei der Brunswick Group und frühere Ressortleiter für Wirtschaft und Finanzen bei der „FAZ“ gibt seinen Kunden Tipps zum richtigen Umgang mit ahnungslosen Journalisten. Warum es gut ist, seine Ratschläge zu kennen.
Der einstige Wirtschaftsjournalist bei FAZ, „Stern“ und „Süddeutsche Zeitung“ und heutige Direktor für strategische Kommunikationsberatung bei der Brunswick Group kennt die Bedingungen beider Seiten. Das Magazin „KOM“ für Kommunikation veröffentlicht seine daraus abgeleiteten Handlungsempfehlung für Pressesprecher ab. „Medien stehen unter wirtschaftlichem Druck. Eine Folge: Journalisten berichten über Themen, bei denen ihnen oft das Fachwissen fehlt. Darauf sollten sich Kommunikationsabteilungen einstellen.“

Zum Beleg seiner Analyse zitiert Christoph Schäfer die Fachzeitschrift „Wirtschaftsjournalist“. Der damalige Chefredakteur Wolfgang Messner beschrieb die Lage schon Ende 2022 wie folgt: „Die Branche hat eine lange Leidenszeit hinter sich. Viele Arbeitsplätze wurden abgebaut. In den Medienhäusern jagt eine Umstrukturierung die nächste. Mit der Krise sank seit Jahren das Lohn- und Gehaltsniveau. Nun fehlen gute Leute und auch der Nachwuchs.“
 
Damit kommt Christoph Schäfer zum Punkt: „Fehlende Ansprechpartner - Womit wir bei einem der wichtigsten Themen dieser Tage für professionelle Kommunikatoren sind. Es ist natürlich viel zu kurz gedacht, dass die guten Leute und der Nachwuchs nur dem Journalismus fehlen. Sie fehlen auch den Kommunikatoren in den Firmen und Verbänden als Ansprechpartner.

Ja, es gibt noch die alten Hasen und jungen Talente, die bestens vorbereitet kommen und tief recherchieren. Der Normalfall ist aber ein anderer: Typisch ist, dass sich der Journalist kaum vorbereitet hat und wenig bis keine Ahnung vom Geschäft hat.

So gibt es definitiv Korrespondenten reichweitenstarker Medienhäuser, die über die Quartalsberichte großer Konzerne schreiben, jedoch Bilanzen nicht mal ansatzweise lesen können. Umsatz und Nachsteuergewinn sind noch bekannt, Ebitda und Risikobericht hingegen nicht. Solange der Artikel später dennoch positiv ist, stört das Kommunikatoren nicht. Falls der Text aber negativ ist oder vor Fehlern nur so wimmelt, sieht das anders aus. Jemandem mit wenig Zeit und Ahnung erklären zu müssen, was er falsch gemacht hat und bitte ändern soll, ist mühsam. Der Einsatz eines Medienanwalts hilft meist bei falschen Tatsachenbehauptungen, hinterlässt aber immer verbrannte Erde und sollte deshalb vermieden werden, wenn es nur irgend geht.

Besser ist die richtige Vorbereitung. Gute Vorbereitung erspart Nacharbeit. Um der schwierigen Lage im Journalismus gerecht zu werden, empfehle ich:
a) Seien Sie freundlich! Selbst wenn der Journalist wenig Zeit und wenig Ahnung hat. Auch wenn er sich nicht vorbereitet hat und kritische Fragen stellt. Verständnis für die Nöte und Arbeitsbedingungen der anderen Seite zählen zur Grundlage einer respektvollen Zusammenarbeit.
b) Denken Sie immer daran: Sie wollen etwas vom Journalisten. Nur in sehr seltenen Fällen ist es umgekehrt.
c) Bauen Sie persönliche Beziehungen zu den für Sie relevanten Journalisten auf. Die Nachricht des vertrauten Sprechers wird zumindest gelesen und nicht sofort gelöscht.
d) Bereiten Sie sich und Ihren CEO vor! Überlegen Sie, welche Überschrift Sie lesen möchten. Und welche Botschaften Ihnen diese Überschrift bringt. Überlegen Sie sich im Vorfeld ein bis drei Kernbotschaften, unterlegen Sie sie mit Fakten und Argumenten, griffigen Zitaten und Beispielen.
e) Erklären Sie komplizierte Dinge verständlich. Aktuell bereite ich ein Medienevent vor, bei dem eine millionenteure neue Maschine vorgestellt wird. Dafür erarbeiten wir ein Schaubild, in dem die einzelnen Arbeitsschritte der Maschine haargenau und leicht verständlich erklärt werden. Ein Journalist mit wenig Zeit wird sie im Zweifel eins zu eins übernehmen.
f) Lassen Sie Ihren CEO trainieren! Selbst absolute Profis wie die Bewerber um die amerikanische Präsidentschaft oder die deutsche Kanzlerschaft bereiten sich auf Interviews und Auftritte akribisch vor. Sie heuern dazu externe Trainer an, weil das interne Feedback meist zu positiv ausfällt.

Zu einer professionellen Medienarbeit zählt auch, keine Massenmails zu mittelwichtigen Ereignissen zu versenden. Im Kampf um die Aufmerksamkeit der weniger werdenden Journalisten müssen professionelle Kommunikatoren extrem gute Themenangebote machen, um damit durchzudringen. Statistisch belastbare Erhebungen gibt es hierzu nicht. Aus meinen Jahren als Ressortleiter kann ich aber berichten, dass unter den täglich rund 150 E-Mails an mich etwa zehn Themenangebote waren, von denen ich höchstens auf ein oder zwei eingegangen bin.

Diese scharfe Konkurrenz um die Aufmerksamkeit der Journalisten bedeutet, dass Unternehmen und Agenturen genau planen müssen, in welchem Medium sie wen mit welchem Thema ansprechen – und wann. Sie brauchen eine klare Botschaft mit hohem Nachrichtenwert. Der „Küchenzuruf“ muss stimmen. In der Journalistik gibt es dafür Nachrichtenfaktoren wie die räumliche und thematische Nähe zum Leser oder auch die Prominenz der Protagonisten. „Unser Unternehmen ist jetzt noch nachhaltiger“ ist für einen Journalisten keine Nachricht, sondern Marketing-Müll.“


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