Während der Agrarproteste sind auch Wirtschaftsjournalisten und Medienunternehmen zu Zielen unzufriedener Bauern geworden. Wie sie mit dem Zorn der Landwirte umgegangen sind.
(...) "Bei einigen der Blockaden begründeten Teilnehmer ihr Vorgehen mit der Behauptung, "die Medien" verschwiegen ihre Anliegen. Angesichts der umfangreichen Berichterstattung über die Proteste der Bauern gegen die Sparpläne der Ampel ist das offensichtlich falsch. Einige Fragen sollten sich Publikumsmedien aus Anlass der Proteste aber dennoch stellen, auch in eigenem Interesse: Gibt es in ihrer Berichterstattung über Bauern und deren Anliegen womöglich strukturelle Defizite? Wie könnte eine gute und faire Berichterstattung über die Landwirtschaft aussehen? Und welche Voraussetzungen muss man dafür schaffen? Antworten von vier Chefredakteuren und Journalistinnen, die sich schon länger mit dem Thema beschäftigen, trug Henning Kornfeld für das „
Wirtschaftsjournalist:in“ zusammen.
"Dass zu wenig über die Bauernproteste berichtet wurde, ist ein absurder Vorwurf von Minderheiten, der vom Deutschen Bauernverband und dessen Landesverbänden meiner Wahrnehmung nach nicht geteilt wird", meint die TV-Journalistin Oda Lambrecht. "Man hätte aber in der Berichterstattung insgesamt deutlicher machen können, wie stark sich Teile der Branche wie zum Beispiel die Landfrauen gegen Rassismus und Rechtsextremismus engagiert haben."
Lambrecht arbeitet als Redakteurin für das ARD-Magazin Panorama und beschäftigt sich seit über zehn Jahren schwerpunktmäßig mit Landwirtschaft. Blockaden wie die von Bremerhaven und Kempten deuten nach ihrer Einschätzung keineswegs auf eine wachsende grundsätzliche Entfremdung zwischen "den Bauern" und "den Medien" hin, die Bedingungen für Berichterstattung über Landwirte und Landwirtschaft seien in den vergangenen Jahren sogar grundsätzlich besser geworden – selbst wenn sie kritisch ausfällt. "Als ich mit dem Thema angefangen habe, war es fast unmöglich, mit der Kamera in einen Stall zu kommen", erzählt sie. Das habe sich verändert: "Es ist immer noch schwierig, aber mein Eindruck ist, dass die Branche insgesamt transparenter werden möchte, um der gesamtgesellschaftlichen Kritik an der Landwirtschaft etwas entgegenzusetzen."
Die ersten Ansprechpartner in der Recherche sind für Lambrecht immer Wissenschaftler, zum Beispiel renommierte Agrar-, Veterinär- oder Pflanzenforscher, "weil sie einen unabhängigeren Blick von außen auf die Höfe haben". Doch sie lässt stets auch Betroffene von den Höfen zu Wort kommen: In ihrem Panorama-Beitrag "Das Ende des Schnitzels", der auch bei Bauern gut ankam, ist das zum Beispiel eine junge Schweinemästerin, die anschaulich von schwierigen Entscheidungen berichtet: Sie ist gerade dabei, viel Geld in einen neuen Stall mit Auslauf zu investieren, weiß aber angesichts ungewisser politischer Weichenstellungen und zunehmend skeptischer Verbraucher nicht, ob sich die Tierhaltung in einigen Jahren überhaupt noch rentiert.
Dass sich manche Landwirte pauschal über kritische Berichterstattung beschweren und nicht zwischen unterschiedlichen Medien differenzieren, ist nach Lambrechts Einschätzung nicht allein Folge unzureichenden Wissens über die Medienbranche und das journalistische Handwerk. Ein solches Verhalten hänge vielmehr zuweilen mit deren persönlicher Situation zusammen, die Journalisten im Blick haben sollten: "Ihre Kritik fällt vermutlich oft so emotional aus, weil Landwirte nicht Angestellte bei einem großen Unternehmen sind, sondern einen Familienbetrieb führen, der von einer Generation an die andere weitergegeben wird, die Identifikation ist deshalb extrem hoch."
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