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News / Wirtschaftsjournalismus beantwortet Zukunftsfragen
Carsten Korfmacher schreibt Wirtschaftsjournalisten eine besondere Rolle zu.
14.07.2023   Aktuelles
Wirtschaftsjournalismus beantwortet Zukunftsfragen
Die Welt wandelt sich – und mit ihr der Wirtschaftsjournalismus. Um in dieser neuen Zeit zu bestehen, brauchen Verlage mehr kluge, kreative Köpfe. Diese können Medienhäusern in unsicheren Zeiten ein Profil verleihen. Warum das so ist und wie dies gelingt, erklärt Carsten Korfmacher.
Hier ein Auszug aus seinem Praxisbericht (Teil 1) für das Magazin „Wirtschaftsjournalist:in“:

"Warum Medienhäuser ohne echte Autoren nicht überleben können

Der Journalismus steckt in einem Dilemma: Auf der einen Seite brauchen die Verlage mehr denn je kreative, kluge und profilierte Köpfe, um sich abzuheben und gegen die durch die Digitalisierung stark gewachsene Konkurrenz durchzusetzen. Auf der anderen Seite hat ebenjene Digitalisierung so viele neue Aufgaben geschaffen, dass es notwendig geworden zu sein scheint, zahllose junge und exzellent ausgebildete Journalisten in digitalen Newsrooms als bürokratische Informationsverwalter zu verheizen.
 
Dieser Trend ist vor allem bei regionalen Medien zu spüren, in denen Printprodukte immer noch die größte Einnahmequelle darstellen. Zwischen Redaktionskonferenzen, Printdiensten und Online-Schichten bleibt kaum noch Zeit, um das zu tun, wozu Journalisten von ihren Lesern beauftragt werden: Recherchieren, denken, fragen, argumentieren und schreiben. Häuser, die hier die falschen Prioritäten setzen, verlieren an Profil und laufen Gefahr, die digitale Revolution – die in vielen Verlagen immer noch fundamental missverstanden wird – nicht zu überleben.
 
Dabei gibt es einen einfachen Weg heraus aus diesem Dilemma: nämlich die Ausbildung und Förderung echter Autoren, die Verlagen durch ihre Kreativität und einzigartige Stimme ein Profil verleihen und denen es gelingt, eine tiefe Bindung zu den Konsumenten ihrer Inhalte herzustellen.
 
Mit solchen Autoren sind Medienhäuser nicht bloß Informationsdienstleister, sondern innovative Denkfabriken, an denen die Leser aktiv emotional und intellektuell partizipieren. Erst durch dieses Verständnis des journalistischen Schaffensprozesses sichern sich Verlage langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit. Warum das so ist, werden wir im Folgenden sehen. Vorab aber eine Frage: Warum ist dies speziell im Wirtschaftsjournalismus relevant?
 
Ganz einfach: Der Wirtschaftsjournalismus ist prädestiniert dafür, im Zentrum der entscheidenden Zukunftsfrage zu stehen, nämlich wie die langfristige Bindung zwischen einem Medienhaus und seinen Lesern gelingt. Dafür gibt es zwei Gründe.
 
Erstens behandelt der Wirtschaftsjournalismus ebenjene Themen, die die Menschen am existenziellsten treffen: Arbeit, Rente, Vermögen, Inflation, Armut, soziale Ungleichheit, und so weiter. Genau hier wiegt Unsicherheit schwer, genau hier ist Vertrauen wichtig. Und genau hier gelingt es Medienhäusern deshalb am effektivsten, ihre Stärken auszuspielen und konstruktive emotionale Bindungen zu den Konsumenten ihrer Inhalte aufbauen.
 
Ähnlich verhält es sich mit dem zweiten Grund: Deutschland und die Welt verändern sich auf vielen Ebenen fundamental. Die geopolitischen Machtverhältnisse verschieben sich. Die Klimakrise verlangt nach einer neuen Energiepolitik, die sich massiv auf das Leben der Bürger und die internationale Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands und Europas auswirkt. Der demografische Wandel verändert die Industriestaaten gesellschaftlich und hat insbesondere Auswirkungen auf die Arbeitswelt, wodurch Rente, Arbeit und die gesamte Sozialpolitik neu gedacht werden müssen.
 
Die industrie-lastige deutsche Wirtschaft ist durch technologischen Fortschritt, China-Abhängigkeit, explodierende Energiekosten und Überregulierung bedroht. Und gleichzeitig werden die Megatrends der Gegenwart – ob Künstliche Intelligenz, Quantum-Computing oder die Automatisierung der Arbeitswelt – die Gesellschaft auf eine solch fundamentale Art und Weise verändern, dass wir sie aus heutiger Sicht in einigen Jahrzehnten wohl kaum wiedererkennen werden.
 
All diese Veränderungen haben eine wirtschaftliche Dimension, die der Wirtschaftsjournalismus aufarbeiten muss: Hintergründe erklären, Entwicklungen nachzeichnen, Folgen voraussehen, tiefere Zusammenhänge herstellen, alternativen Sichtweisen bieten. Und vor allem: Wirtschaftsjournalisten haben die elementare Aufgabe, frei von Ideologie und eigener Überzeugung politische Entscheidungen kritisch zu begleiten und aus Bürgersicht zu hinterfragen.
 
All dies bedeutet: In einer zunehmend komplexeren und unsichereren Welt kommt dem Wirtschaftsjournalismus die fundamentale Aufgabe zu, die entscheidenden Prozesse der kommenden Jahrzehnte mitzugehen. Mit dieser Verantwortung sind Wirtschaftsjournalisten nicht bloß Berichterstatter – sie sind Haltgeber und Sinnstifter.
 
All dies sind fantastische Voraussetzungen für eine enge und konstruktive Bindung zwischen Schreiber und Leser, zwischen „Content-Creator“ und Konsument. Doch nun kommen wir zum großen Problem: In vielen Medienhäusern wird die Wende zur Digitalisierung und die damit einhergehende neue Konkurrenz fundamental missverstanden.
(…)


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