Hat der Journalismus es im Energie-Krisen-Winter es mit Horrorprognosen übertrieben, die nie eingetreten sind? Marcus Schuster hat in seinem Beitrag aufgezeigt, wie gut die Konjunkturberichterstattung der Medien ist. Bastian Brinkmann aus der SZ-Wirtschaftsredaktion gibt seine Einschätzung.
Ein Auszug: „2022 war nach den Pandemiejahren erneut kein einfaches Jahr für Ökonomen und ihre Konjunkturprognosen. Nachdem Deutschland gut gestartet war – wenn auch nicht ganz so gut wie andere EU-Länder –, und die meisten Vorhersagen euphorisch auf die nun anbrechende Nachholjagd einstimmten, zeigten die Barometer nach dem russischen Angriff auf die Ukraine schnell wieder nach unten. Der Krieg am Rande Europas werde eine Rezession mit sich bringen, so die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute. Bei einer Gasmangellage drohe bis Ende 2022 sogar ein Konjunktureinbruch von bis zu 8 Prozent!
Die düsteren Szenarien aus dem Sommer haben sich zum Glück nicht bewahrheitet: In der Rückschau steht für 2022 ein Wachstum von 1,8 Prozent zu Buche (Euro-Zone: 3,5 Prozent). Und man muss fragen: Woran hat es gelegen, dass die Prognosen teilweise so danebenlagen? (…)
Bastian Brinkmann, Wirtschafts-Vize bei der „Süddeutschen Zeitung“, findet, dass Konjunkturprognosen bei aller Kritik insgesamt immer besser werden. „Eine globale Pandemie oder eine Energiekrise, bei der Gas innerhalb kürzester Zeit nicht mehr fließt, hat vorher niemand modelliert. Das Entscheidende ist immer, wie die Unternehmen und wie die Menschen darauf reagieren. Das hat beim Gas besser funktioniert, als viele dachten.“
Zum Vorwurf aus den Reihen der Ökonomen, manche Berichterstattung hätte ohnehin pessimistische Prognosen weiter nach unten gezogen, sagt Brinkmann: „Wir haben eine große Verantwortung, die Menschen zu warnen, wenn Gefahr droht für Wirtschaft und Wohlstand. Und wir dürfen sie auch nicht einlullen, nach dem Motto: Keine Sorge, die Bundesregierung wird es schon richten.“
Am Ende müssten sich Medienvertreter in einer Art Korridor positionieren, damit sie die Lage nicht besser, aber auch nicht schlechter darstellen als sie ist. „Ich schaue mir gerne die optimistischste und die pessimistischste Prognose an“, sagt Brinkmann. „Auf diese Weise bekommt man eine Bandbreite, mit der man arbeiten kann.“ Ihm sei aber bewusst, dass Journalismus vor allem auf die Extreme blickt. „Das kann dazu führen, dass die reißerischste Aussage zu viel Gehör bekommt.“
Wenn es der öffentlichen Debatte nützt, sei das legitim, meint Henrik Müller, Geschäftsführender Direktor am Institut für Journalistik der TU Dortmund: „Journalismus sollte auf sich abzeichnende Probleme hinweisen, damit ihnen die Öffentlichkeit die gebotene Dringlichkeit beimisst und Gegenmaßnahmen ergreifen kann.“
Gerade der Wirtschaftsjournalismus sollte dabei eine Frühwarnfunktion ausüben. Das habe sich im vergangenen Jahr einmal mehr gezeigt. „Ohne den frühen Fokus auf Gasengpässe hätten sich Staat, Wirtschaft und Gesellschaft wohl nicht so rasch an die plötzliche Energieknappheit angepasst.“ (…)
Den gesamten Beitrag lesen Sie im Magazin „Wirtschaftsjournalist:in“.