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News / Sieg für die Süddeutsche Zeitung
Wichtiges Urteil für die SZ und Wirtschaftsjournalisten im Cum-Ex-Verfahren.
17.05.2023   Aktuelles
Sieg für die Süddeutsche Zeitung
Die SZ durfte auf ihrer Internetseite wörtlich aus den Tagebüchern eines Miteigentümers der in den Cum-Ex-Skandal verwickelten Hamburger Warburg Bank zitieren. Mehr zu dem für Medien wichtigen Fall, der bis vor den Bundesgerichtshof in Karlsruhe ging.
Persönlichkeitsrecht gegen das Interesse der Öffentlichkeit: Im Streit um die Veröffentlichung aus Tagebüchern im Zusammenhang mit dem Cum-Ex-Skandal war an diesem Dienstag der Bundesgerichtshof (BGH) am Zug. Bei der mündlichen Verhandlung am Dienstag in Karlsruhe prüften die obersten deutschen Zivilrichter, inwieweit Medien wörtlich aus Tagebüchern eines Miteigentümers der in den Skandal verwickelten Hamburger Warburg Bank zitieren durften.

Das Urteil: Die SZ durfte auf ihrer Internetseite wörtlich aus den Tagebüchern eines Miteigentümers der in den Cum-Ex-Skandal verwickelten Hamburger Warburg Bank zitieren. Die wörtliche Wiedergabe durch die SZ habe ein vollständiges und unverzerrtes Bild in der Berichterstattung über ein Thema ermöglicht, für das es ein überragendes Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegeben habe. Die Tagebücher seien durch die Beschlagnahmung durch Behörden nicht zu amtlichen Dokumenten geworden, aus denen nicht hätte zitiert werden dürfen, entschied am Dienstag in Karlsruhe der Bundesgerichtshof (VI ZR 116/22).

Damit wurde ein Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts in Hamburg aufgehoben. Das OLG hatte dem Banker Christian Olearius weitgehend Recht gegeben, der seine Persönlichkeitsrechte durch die Veröffentlichung verletzt gesehen und auf Unterlassung geklagt hatte.

Hintergrund: Der Banker Christian Olearius hatte die "Süddeutsche Zeitung" verklagt, die im September 2020 auf ihrer Internetseite einen Bericht mit dem Titel "Notizen aus der feinen Gesellschaft" veröffentlicht hatte - mit Zitaten aus den Tagebüchern. In dem Artikel ging es um eine mögliche Einflussnahme der Hamburger Politik auf Entscheidungen der Finanzbehörden im Zusammenhang mit millionenschweren Steuerrückforderungen nach "Cum-Ex"-Geschäften.
Olearius sah seine Persönlichkeitsrechte verletzt, klagte auf Unterlassung und hatte damit vor dem Landgericht und dem Hanseatischen Oberlandesgericht Hamburg Erfolg. Dagegen hat die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) Revision beim BGH eingelegt (VI ZR 116/22).

Die Tagebücher waren im März 2018 bei einer Durchsuchung der Privaträume von Olearius beschlagnahmt worden. Durch die Aufzeichnungen waren Treffen des damaligen Hamburger Bürgermeisters und heutigen Bundeskanzlers Olaf Scholz (SPD) 2016 und 2017 mit dem Bankier bekanntgeworden.

Dem OLG zufolge sind die Tagebücher amtliche Dokumente in einem Strafverfahren, aus denen nicht wörtlich hätte zitiert werden dürfen - mit Ausnahme von Passagen, die bereits öffentlich im Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft erörtert wurden. Das OLG sieht einen Verstoß gegen eine Gesetzesvorschrift, die Betroffene im Strafverfahren schützen soll. Die Veröffentlichung war demnach nicht rechtens, weil die Tagebücher nach Beschlagnahmung durch die Strafverfolgungsbehörden amtliche Dokumente seien.

Das sieht auch die Anwältin des Bankers so. Sie verwies vor dem BGH auf den gesetzlichen Schutz von Angeklagten vor Vorverurteilung und warnte vor einer "Prangerwirkung". Die Pressefreiheit sei nur gering berührt, da es nur um die Wiedergabe wörtlicher Zitate gehe. Der SZ-Anwalt verwies hingegen darauf, dass Olearius selbst andere Tagebuchpassagen veröffentlich habe und die Zitate nicht das laufende Steuerverfahren betroffen hätten. Sie hätten zur Aufdeckung möglicher anderer Missstände gedient. Die Frage sei doch: "Hat er die Finanzverwaltung beeinflusst?"

Auch das NDR-Magazin "Panorama" und "Zeit online" hatten Auszüge der Tagebücher veröffentlicht und waren verklagt worden. Die Verfahren wurden im Juni und Juli 2021 - wie im Fall der SZ - im Sinne des Klägers entschieden. In beiden Verfahren war von den Medienhäusern Berufung eingelegt worden. Vom OLG Hamburg gab es dazu aber noch keine Entscheidung.


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