Die Lebensmittelbranche wird durch Inflation, Preiskampf, Energieknappheit herausgefordert. Die Wirtschaftsjournalisten, die sie begleiten, fungieren deswegen als Marktbeobachter, Faktensortierer und Ratgeber.
In seinem Kommentar über „Die Inflation der Hektiker“ findet Bernd Biehl deutliche Worte. „Es nervt“, schreibt der stellvertretende Chefredakteur der „Lebensmittel Zeitung“ (LZ) und meint damit „die Wasserstandsmeldungen über Inflationsraten, Lieferengpässe, Preisbremsen oder Doppel-Wummse“, die fast den Erregungsgrad der samstagnachmittäglichen Bundesliga-Liveschaltung im Radio erreichen würden.
Inflation, Preiskampf, Energiekrise – die Lebensmittelbranche hat derzeit mit heftigen Problemen zu kämpfen. Und das nach wohligen Zeiten. „Die Corona-Jahre waren nicht nur für den Handel goldene Jahre, sondern auch für alle begleitenden Fachmagazine“, sagt Alexander Thürer, Chefredakteur der „Rundschau für den Lebensmittelhandel“. Redaktionell bieten Krisen viel Stoff „und erzeugen hohe Aufmerksamkeit bei den Lesern“, konstatiert Reiner Mihr, Chefredakteur der „Lebensmittel Praxis“ (LP). Berichte über Themen wie Corona-Folgen, Logistik-Probleme, gesprengte Lieferketten oder fehlendes Personal „gehören sowohl in der gedruckten Ausgabe wie auch auf unseren digitalen Seiten zu den meistgelesenen“, so Mihr.
Bernd Biehl bestätigt ein „sehr hohes Leserinteresse“ an Stücken, die über Krisenphänomene und ihre Auswirkungen informieren. „Eskalationen im Rahmen von Preisverhandlungen zwischen Handel und Industrie, zum Beispiel Auslistungen und Lieferstopps, gehörten in diesem Jahr zu den am meisten gelesenen Geschichten“, sagt er. Die „LZ“ veröffentlicht im Netz zum Beispiel Charts über Preisindizes und führt regelmäßige Interviews mit Branchenakteuren über ihre jeweiligen Probleme. „Besonders gefragt sind dabei auch gute Lösungen für bestimmte Aspekte in Produktion und Handel“, erläutert der Vizechefredakteur.
Preiskämpfe im Lebensmittelmarkt gehören zur Branche wie das Laufband zum Kassentisch, darüber zu berichten sei eine zentrale Kompetenz der Fachzeitung. „In der ,LZ‘ werden die Zahlen, die Preissteigerungen begründen, neutral öffentlich gemacht“, so Biehl. Inflation und Energie hingegen waren jahrelang nur ein Randthema. „Im Rahmen von Nachhaltigkeit haben sich Handel und Industrie um ihre Energiebilanzen gekümmert, aber Knappheiten waren nie akut.“
Doch jetzt, schreibt Alexander Thürer in einem Editorial der „Rundschau für den Lebensmittelhandel“, jagt eine Krise die nächste und „jede wird gefühlt schlimmer als die davor“. Noch nie zuvor wollten so viele junge Menschen lieber in der Vergangenheit als in der Zukunft leben, so Thürer. Er prognostiziert eine beginnende „Ära des Ungewissen“, darauf muss sich auch der LEH einstellen, denn: „Kosten steigen, Einnahmen sinken parallel zur Kauflaune der Kunden, Unsicherheit macht sich breit.“ Den beunruhigenden Fakten fügt der Redaktionschef am Ende aber doch einen konkreten Rat hinzu: „Lassen Sie sich nicht lähmen. Nur dann geht es sicher weiter.“
Die „Rundschau für den Lebensmittelhandel“ mit Hauptsitz im badischen Gaggenau ist Teil der Medien Union in Ludwigshafen („Die Rheinpfalz“). Sie erscheint monatlich und positioniert sich als „das praxisorientierte Fachmagazin für Fach- und Führungskräfte“ des deutschen LEH. Die aktuellen Krisenthemen erobern unweigerlich einen Platz auf der Agenda des Fachmagazins, aber „unser Blick richtet sich unverändert auch auf Dinge, die eine mittelfristige und langfristige Perspektive haben, etwa die Herausforderungen und Chancen des zunehmenden Online-Handels oder das Thema Fachkräftemangel und Personalfindung“, skizziert Chefredakteur Thürer die „Rundschau“-Schwerpunkte.
Die wöchentlich erscheinende und im Werbemarkt führende „Lebensmittel Zeitung“ aus dem Deutschen Fachverlag versteht sich als „Fach- und Wirtschaftsmedium der Konsumgüterbranche“. Es befasst sich inhaltlich mit einem breiten Spektrum von Food über Nonfood bis hin zu IT und Logistik. Die jährliche Verleihung des „Goldenen Zuckerhuts“ ist eine der traditionsreichsten Veranstaltungen der Fachmedien und fand im November 2022 zum 64. Mal statt. Bernd Biehl sieht das „festliche Branchenevent“ als wichtige Kommunikationsplattform zum Netzwerken und für die Kontaktpflege.
Im Internet setzt die „LZ“ schon lange auf Paid Content, genau genommen seit dem Digitalstart 1997. „Im Gegensatz zur Gratis-Kultur im Netz konnten wir die Inhalte für die Leser-Zielgruppe immer so relevant halten, dass sie eben auch bezahlt werden“, sagt Biehl, ohne genaue Zahlen zu nennen. Ein Jahresabo von „LZ Digital“ inklusive E-Paper kostet aktuell 459 Euro. Die Website lz.net erhält trotzdem reichlich Besuch. Mit monatlich jeweils mehr als einer Million Visits (IVW) in den Monaten August, September, Oktober zieht die „Lebensmittel Zeitung“ online großes Publikum auf sich. Hinzu kommen gut 17.000 verschickte Gratis-Newsletter, die laut Verlag werktäglich im Durchschnitt von rund 53.000 Empfängern gelesen werden.
Die „LZ“-Printausgabe verkaufte im 3. Quartal 2022 im wöchentlichen Mittel 35.324 Exemplare, knapp zwei Drittel (22.463) sind Abos – 9.130 davon werden als E-Paper ausgeliefert. Die publizistische Schwester „LZ Direkt“ bedient mit einer verbreiteten Auflage von rund 65.000 Exemplaren (IVW, III/2022) ein klar definiertes Publikum. Ziel ist, direkten Zugang zur Point-of-Sale-Community, also zu Inhabern, Marktleitern und qualifiziertem Fachpersonal, zu schaffen und ihnen Verkaufsideen, Trends, Orientierungshilfen, Wissen, Inspiration und Unterhaltung zu liefern.
Im Abo ist die „Lebensmittel Praxis“ mit 21.935 Exemplaren (III/2022) knapp die Nummer zwei hinter der „LZ“, im Gesamtverkauf mit 60.279 führend, allerdings bei zweiwöchentlichem Erscheinen. Die „LP“ gehört zum Landwirtschaftsverlag in Münster, der neben Fachtiteln wie „Top Agrar“ auch die „Landlust“ herausgibt. Das Magazin wurde gerade einem Relaunch unterzogen und bringt jetzt „mehr Nachrichten, mehr Hintergrund-Informationen, mehr Analysen, mehr Meinungen und mehr Emotionen“, so Reiner Mihr. „In weiten Teilen des Lebensmittelhandels sind noch viele langgediente Inhaber und Gründerfamilien am Werk, die gerne gedruckte Publikationen lesen und diese Gewohnheit beibehalten.“ Die nachfolgende Generation jedoch „ist digital unterwegs, da sind wir gefordert, den Übergang hinzubekommen“.
Bereits durch den aktuellen Relaunch sind zum Beispiel digitale Angebote und traditionelle Events – gerade für Fachmedien in der Ernährungswirtschaft ein großes Thema – noch stärker mit dem Magazin verknüpft. Bei wichtigen Beiträgen gibt es QR-Codes mit weiterführenden Informationen, zudem wird das bereits bestehende Podcast-Angebot ausgebaut. „Wir machen Live-Interviews mit interessanten Persönlichkeiten der Branche, verstärken unseren Auftritt in den sozialen Medien und liefern mehr schnelle Informationen in Newslettern und über eine rein digitale LP.economy“, beschreibt Reiner Mihr die nächsten Schritte.
Rund zehn Events und Wettbewerbe, vom „Supermarkt des Jahres“ bis zu Wahl des „Fleisch- und Käse-Star“, gehören schon jetzt zum jährlichen Programm der „Lebensmittel Praxis“. „Die wollen wir noch präsenter machen“, verspricht Chefredakteur Mihr, „und deshalb die Vor- und Nachberichterstattung intensivieren.
Den vollständigen Beitrag finden Sie im aktuellen Magazin "
Wirtschaftsjournalist:in".