Please wait...
News / Ein Warner vor Größe: Hans-Jürgen Jakobs
Monopole im 21. Jahrhundert: Hans-Jürgen Jakobs hat ein Buch draüber geschrieben. (Foto: Frank Beer)
15.12.2022   Aktuelles
Ein Warner vor Größe: Hans-Jürgen Jakobs
Mit Wirtschaft und Wettbewerb kennt sich der scheidende „Handelsblatt“-Journalist Hans-Jürgen Jakobs aus. Wie sich Monopole bilden und welche Folgen daraus entstehen, damit befasst sich der Diplom-Volkswirt in seinem neuen Buch. Im Interview mit WJ-Autor Roland Karle veranschaulicht er die gewaltige Größe von Konzernen wie Apple und Blackrock.
 
 Wie können Unternehmen und Staatskonzerne unseren Wohlstand zerstören?
Es braucht Maß und Kontrolle, um Vielfalt in Märkten zu gewährleisten. Wenn Unternehmen zu groß werden, leidet darunter der gesunde Wettbewerb. Wir sehen und spüren gerade, dass Konzerne wie Gazprom, Google und Blackrock, ebenso rohstoffreiche Staaten wie USA, China und Russland durch ihre enorme Marktmacht in unser Leben eingreifen. Die Erfahrung lehrt: Wenn Monopole erst einmal bestehen, werden sie auch ausgenutzt.
 
Was genau sind die Folgen?
Monopolismus bedeutet Herrschaft über Rohstoffe und Kapital, Energie, Nahrungsmittel und Daten. Der Wett­bewerb wird abgeschafft, die Folgen sind immens: weniger Innovation, höhere Preise und vor allem wirtschaftliche und politische Abhängigkeiten. Wozu das führt, erleben wir durch unsere fatale Abhängigkeit von russischem Gas.
 
Was unterscheidet die „Monopolisten im 21. Jahrhundert“ von früheren Monopolen?
Die klassische Anti-Monopol-Politik in den USA hat ihre Ursprünge Ende des 19. Jahrhunderts, als Rockefellers Standard Oil in einem Teilmarkt radikal die Preise senkte, um damit Rivalen auszuschalten. Das Ganze wurde finanziert, indem das Unternehmen in einem anderen Markt ohne ernsthafte Wettbewerber die Preise extrem anhob. Am Ende wurde Standard Oil mit einem Umsatz, der 1,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entsprach, zerschlagen. Bei den Monopolen von heute sehen wir ganz andere Größenordnungen: Apple zum Beispiel war beim Höchststand seiner Aktie an der Börse über 3 Billionen US-Dollar wert, also deutlich mehr als das BIP Frankreichs oder des Vereinigten Königreichs und in etwa so viel wie die Wirtschaftsleistung des gesamten afrikanischen Kontinents. Hinzu kommt, dass digitale Konzerne viel leichter als Industriefirmen früher aus ihrem Stammgeschäft heraus benachbarte Märkte erobern können.
 
Was werfen Sie monopolis­tischen Unternehmen vor?
Nichts, denn es ist ein legitimer Wunsch von Unternehmen, zu wachsen und Marktanteile auszubauen. Ganz nach Leo Kirch, dem früheren Medienunternehmer, der sagte: „Es wäre mein schönster Traum, ein Monopol zu haben.“ Das Problem ist, dass durch Monopole die Nachteile für eine Gesellschaft zu groß werden. Die Politik muss faire Regeln für alle definieren.
 
Warum gibt es dann so wenig Widerstand gegen die großen Digitalkonzerne?
Anders als etwa im Fall von Gazprom, der für den Einzelnen richtig teuer wird, werden die Konsequenzen, die digitale Monopole verursachen, gerne übersehen. Smartphones, Apps, Social Media, Softwareprogramme tragen dazu bei, unser Leben angenehmer und komfortabler zu machen. Wozu jedoch Klickmaximierung und das Tolerieren von Hate Speech führen können, hat sich beim Sturm auf das Kapitol in Washington am 6. Januar 2021 gezeigt. Verschwörungsanhänger konnten auf Facebook ungestört behaupten, das Ergebnis der US-Präsidentenwahl sei gefälscht, und haben so die dramatischen Ereignisse befördert. Der Meta-Konzern hat zugelassen, dass die eigene Plattform systematisch missbraucht wurde, weil es die Geschäftslogik so will: Je schriller die Kommunikation, desto höher der Gewinn.
Sie haben sich im Sommer 2020 entschlossen, dieses Buch zu schreiben. Was war der Auslöser?
Durch mein Vorgänger-Buch „Wem gehört die Welt?“ war ich sozusagen vorbelastet, und auch viele Leser haben das Thema Monopole zur Sprache gebracht. Als Student der Volkswirtschaftslehre habe ich Arbeit, Kapital und Boden als die drei klassischen Produktionsfaktoren kennengelernt. In der Informationsgesellschaft des 21. Jahrhunderts fokussiert sich die Theorie auf Daten, Börsenkapital und Rohstoffe – und bei all diesen Komponenten gibt es eine gefährliche Tendenz zur Monopolisierung. Das hat mein Interesse zusätzlich geweckt. In einem Gespräch mit dem Verlag waren wir uns schnell einig: Ich habe im Sommer 2020 ein Exposé erstellt und im Herbst mit dem Schreiben begonnen.
 
Gibt es irgendeine Erkenntnis oder irgendein Aha-Erlebnis während der Recherche und des Schreibens, an das Sie sich besonders erinnern?
Mir wurde zunehmend bewusst, welche Bedeutung dieses Thema hat und wie stark diese Machtmechanismen so viele Unternehmen, Branchen und Staaten betreffen. Nur ein Beispiel: Der Finanz­investor Blackrock, mit einem Vermögen von 10 Billionen Euro annähernd so groß wie das BIP aller 27 EU-Staaten, ist in 20 von 40 DAX-Unternehmen größter oder zweitgrößter Aktionär.


Das  komplette Interview  finden Sie in der aktuellen Ausgabe der "Wirtschaftsjournalist:in".
 
 
Die wichtigsten News der Branche. Die aktuellsten Jobangebote. Jetzt Newsletter abonnieren.